Vom Hof zur Werkstatt

Am 28. Juni 1848 wurde auf dem Hinnershof in Wiefelstede, im Herzen des Ammerlands. ein Junge geboren, dem die Welt bereits vorgezeichnet war – und der sich dennoch seinen eigenen Weg schnitzte: Hermann Diedrich Hinrichs, Sohn eines Bauern, geboren in einer Zeit des Aufbruchs und der Umbrüche. In Deutschland brodelte die Revolution von 1848, doch auf dem Hof der Familie Hinrichs war der Alltag von Viehwirtschaft, Ernte und Kirchgang geprägt. Noch ahnte niemand, dass dieser Junge einmal die ländliche Enge verlassen und in der Stadt ein eigenes Lebenswerk erschaffen würde – ganz aus Holz und eigenem Willen.

Das Anerbenrecht, das bestimmte, dass der elterliche Hof nur dem ältesten der Söhne vererbt wurde, war für Hermann Fluch und Chance zugleich. Der Hof war für seinen älteren Bruder bestimmt – Hermann musste sich eine neue Lebensgrundlage suchen. Und so führte ihn sein Weg in die Residenzstadt Oldenburg, wo er das Tischlerhandwerk erlernte. Die Entscheidung war kein bloßer Notnagel, sondern wurde zur Berufung.

Er war geschickt mit den Händen, genau im Blick, geduldig und ausdauernd – Eigenschaften, die nicht nur im Handwerk, sondern auch im Leben zählten. Als ausgebildeter Tischler gründete er schließlich seine eigene Werkstatt in der Kriegerstraße in einem damals ländlichen Teil der Stadt, der damals noch geprägt war von Handwerkern und bürgerlichen Familien.

Am 14. November 1873 heiratete Hermann seine große Liebe: Margarethe „Meta“ Siemen, geboren am 5. August 1849. Gemeinsam führten sie nicht nur den Haushalt und die Werkstatt, sondern auch eine Familie, die sich bald mit Leben füllte. Heute wohnt hier ein Urenkel von Diedrich.

Hermann Diedrich Hinrichs starb am 3. März 1936, fast 88 Jahre alt. Er hatte zwei Kaiser, eine Revolution, einen Weltkrieg, eine Republik und die Schatten des Nationalsozialismus erlebt. Seine Lebensgeschichte ist nicht spektakulär im Sinne der Weltgeschichte – aber gerade deshalb ist sie bedeutend. Sie erzählt von Verantwortung, Fleiß, Familie und Handwerk – und davon, wie aus bäuerlichem Ursprung ein städtisches, bürgerliches Leben wurde.

Meta und Hermann Diedrich

Seine Werkstatt, sein Haus, seine Nachkommen – sie sind das Vermächtnis eines Mannes, der seinen Platz in der Welt gefunden hat, mit Hobel und Herz.

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