03.04.1880 – 21.09.1971

Christine Wilhelmine Helene Jürgens war die Tochter von Diedrich Anton Jürgens,Schneidermeister in Oldenburg, und seiner Ehefrau Anne Helene Frieda, geb. Kuck.
Bis zu ihrer Eheschließung war sie in der Schneiderei des Vaters tätig. Sie hat mir später erzählt, dass sie immer die von ihrem Vater angefertigten Kleidungsstücke ausgebügelt hat. Sie hat mir später gezeigt, wie man Oberhemden und Bettwäsche bügelt.

Damit hatte sie eigentlich keine Berufsausbildung, was aber zur damaligen Zeit völlig normal war. Frauen wurden geheiratet und mussten einen Haushalt führen können – und das konnte sie! Meine Eltern mussten nach der Besatzung ihrer Wohnung in der Elisabethstraße in die Haarenstraße umziehen.

Christine führte hier bis 1958 den Haushalt in der Haarenstraße, wo auch meine Eltern und ich wohnten und kam später, als sie im “Altersheim” am Schützenweg wohnte, einmal in der Woche zu uns nach Bümmerstede heraus, um unsere Wäsche zu bügeln. 
Christine hatte einen Bruder, dessen Name nicht überliefert ist. Er heiratete Anna Gramberg und beide hatten einen Sohn, Gustav Jürgens. Dieser war Musiker und zog in den 30er Jahren als “singender Spielmann” durch die Lande und trat in Kabaretts etc auf, wodurch er eine gewisse Bekanntheit erlangte. Es ist sogar eine Postkarte aus dem Jahr 1938 erhalten, die deutlich macht, dass er damals schon sehr umtriebig war.

Gustav Jürgens
Postkarte zu Ostern
Postkarte vom Bruder
Grüße vom Neffen

Christine als Ehefrau

Am 9. März 1906 heiratete sie meinen Großvater Emil Hinrichs und bekam am 18. September 1907 ihren Sohn Carl Hermann Gustav Hinrichs, meinen Vater. 
Beide bauten sich ihre Zukunft in Oldenburg auf mit einer Essigfabrik und einem Weinhandel in der Haarenstraße. 

Anfang der 30er Jahre zog meine Mutter Wally Mök aus Hamburg nach Oldenburg und wohnte, während Carl in Amerika studierte, in der Haarenstraße.  Angestellt war sie als Buchhalterin.

Beide Frauen führten während des 2. Weltkrieges das Geschäft zusammen.

Christine Jürgens
Christine Jürgens
Das Brautpaar Emil und Christine 1906
Hochzeit Einladung 1906
Einladung zur Hochzeitsfeier im Kaiserhof am 9. März 1906
Vollmacht Emil Hinrichs
Vollmacht 1918

Nach dem 1. Weltkrieg (1918) ließ mein unverwundet aus dem Krieg heimgekehrter Großvater eine General-Vollmacht für das Geschäft zu Gunsten  seiner Ehefrau erstellen.

Christine als Chefin

Meine Oma hat den Haushalt geführt, d.h. gekocht, gewaschen, gebügelt, genäht und auf mich aufgepasst. Was ich immer sehr spannend fand, war das Zubereiten von Kotteletts und Frikadellen für die Dönz, eine kleine Gaststätte im hinteren Teil unseres Geschäftes in der Haarenstraße, die meine Mutter führte.
Natürlich hatte sie auch Mädchen, die ihr halfen. Sie war das, was man heutzutage als Chefin des Hauses bezeichnen würde, was natürlich auch manchmal zu Reibereien mit meiner Mutter führte.
Gleichzeitig war sie immer kränklich, hatte Nesselfieber, musste deshalb ihre Arme in Buttermilch baden, was damals als lindernde Maßnahme galt. Ein Auge hatte sie verloren (wodurch ist mir nicht bekannt) und ein Glasauge, das sie – in meiner Abwesenheit – herausnahm, wusch und wieder einsetzte.
Aber dennoch stand sie ihre Frau.

Nach dem zweiten Weltkrieg

Nach dem Krieg übernahm mein Vater Carl Hinrichs das Geschäft. Er erlangte in Oldenburg durch seine Tätigkeit an der August-Hinrichs-Bühne und als Schauspieler in den damals sehr beliebten Heimatfilmen eine gewisse Berühmtheit und galt als Oldenburger Original.

Im Jahr 1958 ergriff mein Vater die Gelegenheit, das Haus zu verkaufen. Oma Christine zog (freiwillig) in das Städtische Altersheim am Schützenweg. Von hier aus hat sie jeden Tag mit dem Bus Einkäufe für Heimbewohner gemacht, die das nicht mehr konnten, bis sie selbst es nicht mehr konnte, weil sie völlig erblindet war.
Weihnachten 1965Einmal in der Woche kam sie zu uns nach Bümmerstede, unser Wohnsitz nach dem Verkauf ,und bügelte unsere Wäsche. An Feiertagen war sie auch bei uns.
Ich erinnere mich an meine Oma als “alte Frau”. Als ich geboren wurde, war sie immerhin schon fast 70 Jahre alt. Aber sie hat mich immer betreut und versorgt und war nach dem frühen Tod meiner Eltern die einzige Verwandte, die mir geblieben war.

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