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Ein etwas anderer Lebenslauf

LebensabschnittDatum/ZeitraumWas war da los?
Kleinkind 1950 - 1954 Mit Hunden, Kindermädchen und Großmutter bin ich in einem Geschäftshaushalt in der Haarenstraßein Oldenburg aufgewachsen. Meine Mutter hatte zu meinem Leidwesen nicht so viel Zeit für mich. In der Mittagspause musste ich ruhig sein, da sie einen Mittagsschlaf machte. Manchmal war ich sehr eifersüchtig auf die Hunde inBümmerstede. Dort hatten wir ein Sommerhaus und lebten im Sommer auch dort. Meine Mutter hatte schon vor meiner Geburt angefangen, Chow Chows zu züchten. Aber meine Oma Christine hatte immer Zeit für mich. Viel Spaß hatte ich auch mit den Kindermädchen, die bei uns wohnten und nur für mich da waren - eine brachte mir den Rock'n Roll bei.
Kindergarten 1955-1956 Bei Frau Spörl in der Blumenstraße fühlte ich mich sehr gut aufgehoben.
Es war schön, jeden Tag etwas Neues zu entdecken. Wir haben viel gebastelt, was ich total toll fand. Ich kann mich noch daran erinnern, dass wir Sets gebastelt haben und eine Blumenampel aus Koskusnusshälften.
Volksschule am Waffenplatz 1956-1959 Im April 1956 wurde ich in die Grundschule am Waffenplatz eingeschult. Meine Eltern hatten überlegt, mich in die Wallschule zu schicken, doch da war der Theaterwall dazwischen und somit war der Schulweg von der Haarenstraße aus zu gefährlich. Meine Klassenlehrerin war Frau Kehrer - die hatte einen ganz großen Busen und war sehr lieb. Ich hatte mehrere Freundinnen: Helga Mohr, mit der ich allerdings eher eine Hassliebe verband; Brigitte ?, deren Vater bei der Feuerwehr war; Elke, die sich gleich am ersten Tag vor lauter Angst in die Hose gemacht hat. Auch Jungen fand ich nett, darunter Viktor, dessen Namen ich schon merkwürdig fand, der aber ganz nett war und Holger, mit dem ich lange Zeit "befreundet" war.
Volksschule B'stede 1959-1961 Mitten im dritten Schuljahr musste ich die Grundschule wechseln, da wir das Haus in der Haarenstraße verkauft hatten und nun in Bümmerstede wohnten. Dort besaßen meine Eltern ein Sommerhaus, das nun erweitert wurde, so dass wir dort auf Dauer leben konnten.
Meine Oma Christine, die vorher mit uns zusammen gelebt hatte, ging in ein Altersheim. Sie war ja auch schon alt: 73 Jahre! Die Schule gefiel mir gar nicht so gut wie die Waffenplatz-Schule, der Unterricht war oft langweilig. Außerdem wurde ich fast jeden Mittag auf dem Nachhauseweg von den Kindern aus dem Dorf verhauen. Nur meine Freundin Christa machte da nicht mit.
In der 4. Klasse musste man sich entscheiden, in welche Schulform man gehen wollte. Nur ich wollte in meinem Jahrgang zum Gymnasium, drei andere Kinder wollten zur Mittelschule. Wir 4 bekamen gesonderten Unterricht.
Mein Vater sorgte allerdings dafür, dass ich die 5. Klasse auch noch in der Grundschule bleiben konnte, damit ich etwas mehr Luft hatte.
Cäcilienschule 1962-1970 Am Anfang stand eine 1wöchige Aufnahmeprüfung. Das war total aufregend. Ich kann mich noch erinnern, wie wir dort auf den Fluren herumliefen. Und ich erinnere mich daran, dass ein Mädchen sehr, sehr groß war - das konnte ich gar nicht fassen. Später war sie dann klein, nachdem auch ich gewachsen war. Der Unterricht deckte alle Fächer ab und ich lernte dort Sachen, von denen ich noch nie etwas gehört hatte. Ich wurde nur mit Vorbehalt aufgenommen.
Leider erlebte ich gleich nach der 6. Klasse einen Rückschlag: ich musste die 6. Klasse wiederholen. Weshalb weiß ich auch nicht - es war ein toller Winter, die Wiesen in Bümmerstede waren mit Eis überdeckt und ich bin jeden Tag bis zum Abend Schlittschuh gefahren - bin ich in zwei Fächern völlig ins Hintertreffen gelangt.
In der 10. Klasse machten wir ein sogenannte "Kurzschuljahr", in dem wir manches gar nicht und einiges in häuslicher Arbeit lernten. Das deshalb, weil der Schuljahresbeginn von Ostern auf den Sommer vorverlegt wurde. Für mich war das gut, da ich einen Teil des verlorenen Schuljahres wieder aufholen konnte.
Halbwaise 7. Dezember 1967 Dies ist der Tag, an dem mein Vater starb. Er hatte eine Lungenentzündung und die Medizin kam zu spät. Ich wurde von meinem sehr viel älteren Cousin aus der Schule geholt, der mir die Todesnachricht brachte und mich nach Hause fuhr. An diesem Tag hatten wir Sport gehabt (ich ging in die 11. Klasse) und - das habe ich später rekonstruiert - in der Minute, als mein Vater starb, ist mir während des Sportunterrichts schlecht geworden. Ich war in Sport überhaupt keine Leuchte, aber das war schon etwas Besonderes gewesen.
Mit dem Tod meines Vaters veränderte sich mein ganzes Leben. Wir hatten eine sehr gute Beziehung gehabt und uns gegenseitig geholfen: ich half ihm beim Rollen-Lernen (er war Schauspieler) und er half mir in Mathematik. Das war nun jäh zu Ende.
Vollwaise 4. Juni 1969 Meine Mutter konnte den Tod meines Vaters, mit dem sie ein sehr inniges Verhältnis gehabt hatte, nicht verwinden. Hinzu kamen Probleme mit meiner Erziehung. Wir lebten in der Zeit der Beatles, der Roling Stones und der Außerparlamentarischen Opposition. Auch wir Jugendlichen waren von der neuen Lebensauffassung angesteckt und forderten unsere Freiheit.
Meine Mutter aber war der Meinung, sie hätte in der Erziehung versagt. Ich hatte einen Freund, der ihr nicht gefiel, ich fuhr mit dem Auto meines Vaters in der Gegend herum, ohne sie dorthin zu bringen, wo sie gerne hin wollte etc. An diesem Morgen fand ich meine Mutter tot im Bett.
Das war ein weiterer Schock für mich, zumal ich jetztdas elterliche Haus verlassenmusste. Nach damaligem Recht (ich war 19 Jahre alt) war ich noch nicht volljährig und konnte nicht alleine in unserem Haus bleiben.
Pflegefamilie Juni 1969-Juni 1970 Nach einem kurzen Aufenthalt bei unserem Hausarzt wohnte ich ein Jahr lang bei einer alten Freundin der Familie. Da wir uns schon lange kannten und dort zwei Kinder waren, die etwas älter sind als ich, war das theoretisch eine gute Sache. Doch ich kam vom Regen in die Traufe.
Durch die neue Familie lief ein tiefer Riss: der Mann wohnte in einem sehr kleinen Teil des Hauses und die Frau wohnte mit dem Sohn in dem anderen Teil. Mehrere Zimmer im Haus waren vermietet, eines der Zimmer bekam ich.
Die beiden Kinder litten sehr unter den familiären Verhältnissen - die Tochter studierte schon in Hannover und kam nur in den Semesterferien nach Hause und lebte hier ihre Bilumie aus. Der Sohn hatte ein sehr angespanntes Verhältnis zu beiden Eltern. Kurz und gut, für einen angeschlagenen, trauernden Menschen wie mich, war das keine gute Adresse.
Studium an der TU Hannover Juni 1970-Juni 1975 Dem chaotischen Haushalt in Oldenburg entflohen, studierte ich nun in Hannover. Es war die Zeit der sogenannten 68er - es gab nur im ersten Jahr vernünftige Vorlesungen. Der Inhalt des Studiums wurde stark zusammengestrichen, und erst als ich die Uni verließ, ging es wieder richtig los.
Ich hatte eine Wohnung in Metjendorf, da mein Freund, der auch aus Oldenburg kam (mein ehemaliger Mathe-Nachhilfe"lehrer"), und ich jedes Wochenende in Oldenburg verbrachten. In seiner Familie fand ich dann auch wieder eine Familie mit allem Drum und Dran.
In Hannover wohnten wir zunächst in zwei getrennten Zimmern, dann zogen wir zusammen und ich gab die Wohnung in Metjendorf auf.
Während des Studiums nutzten wir die Zeit und reisten zunächst mit dem Zelt, später mit einem sehr kleinen Wohnwagen durch Europa.
Obwohl ich nun nicht so gut ausgebildet war - aber wer war das schon zu der Zeit - bekam ich eine Referendarstelle in Oldenburg.
Lehrerin seit August 1975 Nach dem Ende des Referendariats arbeite ich in Oldenburg als Assesorin, dann als Studienrätin und seit 1982 als Oberstudienrätin für Deutsch und Erdkunde. Da ich im Studium relativ wenig gelernt hatte, begann nun die Zeit des Lernens. Mein Anspruch war, dass ich einmal eine bessere Lehrerin werden wollte, als es meine Lehrer waren - zumindest die meisten.
Eine Szene beschreibt dies ganz eindrucksvoll:
Während des Referendariats kommt man ja an alle Gymnasien, um dort selber Unterricht zu geben oder anderen Referendaren beim Unterrichten zuzuschauen. So kam ich auch an die Cäcilienschule. Mein ehemaliger Klassenlehrer entdeckte mich auf dem Flur, guckte mich von unten nach oben an und fragte: "Was machen SIIIIIIEEEEEE denn hier?" Meine Antwort:"Ich bin Referendarin." Er erwiderte entsetzt: "Aber doch wohl nicht für Mathematik!!!!!" und machte auf dem Absatz kehrt. Ich glaube, das zeigt doch, wie gut das Verhältnis zwischen mir und dem Lehrkörper der Schule gewesen war.
Krankheit 1996-2007 Irgendwann muss man bezahlen. Ich habe mich jahrelang ausgebeutet, bin nie zur Ruhe gekommen, hatte keine Gelegenheit, meine Trauer zu verarbeiten. Das Leben lebte sich einfach weiter: Familiengründung, Kinder, Haushalt und Schule. Irgendwann war das mal zu viel. Und mein Körper hat eine genetisch bedingte Schwachstelle: die Lunge.
So bekam ich meine erste Lungenentzündung, dann die zweite, machte eine Kur in Davos, in der ich durch die berühmten "Krankenhauskeime" noch kränker wurde und kam als Wrack zurück. Schließlich musste ich im Jahre 1998 die Schule verlassen. Im Jahre 2000 wurde ich vorzeitig und einstweilig pensioniert - aus Krankheitsgründen.
Computerschule Januar 1999 Ich kann mir überlegen, ob ich jetzt sterbe oder weiter lebe. Ich habe mich für das Leben entschieden und am eigenen Zopf aus dem Loch gezogen. Das bedeutet: Auto verkaufen, denn das benötige ich nicht mehr. Ich kann nirgendwo mehr hinfahren. Wenn ich mit Xero, unserem Hund, spazieren gehen, kann ich mir überlegen, ob ich gehe oder den Ball werfe. Beides geht nicht. Die armen Kinder können nie mit ihrer Mutter shoppen gehen. Das kann die nämlich nicht.
Also: für das Geld, das ich für das Auto erhalten habe, kaufe ich 6 Computer, Tische und Stühle. Meine Idee: Eine Computerschule für Frauen. Ich habe eine neue Aufgabe und das tut mir gut. Es geht aufwärts.
Wieder Lehrerin in der öffentlichen Schule Februar 2007 bis 2008 Da ich mich wieder richtig fit fühle, habe ich mich entschieden, wieder in den Schuldienst zu gehen. Im Februar 2007 erhalte ich meine zweite Ernennungsurkunde zur Oberstudienrätin, jetzt am Herbartgymnasium.
Ich war ja so glücklich, wieder "in das Leben" zurückkehren zu dürfen. Das Kollegium des Herbartgymnasiums hat mich so lieb empfangen. Aber nach 12 Jahren raus aus dem Beruf, ging es dann doch nicht. Ich habe mir wirklich Mühe gegeben und viel Neues gelernt. Aber wenn ich mir vorstelle, dass ich die armen Schüler in Deutsch zum Abitur führen soll und habe eigentlich keine Ahnung mehr, müsste alles neu lernen...
Nein das geht nicht, kann ich auch den Schülern nicht antun. Also: Ende der Geschichte.
Dafür lasse ich meine Computerschule wieder aufleben, allerdings mit angezogener Handbremse.
Die Digital-Oma seit 2020 Nun bin ich alt - eine Oma eben. Aber da ich mich ja seit 1984 mit der Digitalisierung beschäftige, habe ich sehr, sehr viele Erfahrungen und Kenntnisse gesammelt. Diese gebe ich gerne weiter. Das kann ich zum einen in meinem Unterrichtsraum, zum anderen auch Online. Und da gibt es jetzt den YouTube-Kanal diedigitaloma. 
Nebenbei designe ich auch noch einige Webseiten - kurz: ich bin voll ausgelastet!

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