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Waren die Hinrichs Nazis?

August Hinrichs wird von manchen Kritikern als Nazi gesehen, was er nicht war. Er war dem Heimatgedanken, dem Erhalt der niederdeutschen Sprache verbunden - da gibt es nichts zu leugnen.
Man muss berücksichtigen, in welcher Tradition er stand. Das Völkische war in den 30er Jahren modern. Und er hatte mit seinen Stücken großen Erfolg: das Volk liebte ihn. Und so ist es heutzutage auch noch.
Dass seine Werke für die Propaganda-Maschinerie von Adolf Hitler missbraucht wurden, hat ihm ganz und gar nicht gefallen. Dass er sich schließlich dazu bewegen ließ, den Vorsitz der Reichschriftumskammer zu übernehmen, kann man nur verstehen, wenn man die damaligen politischen und sozialen Verhältnisse berücksichtigt. August Hinrichs ließ sich nach langem Abwehren schließlich dazu überreden, da er davon ausging, etwas “bewirken” zu können. Damit ist gemeint gewesen, dass er eventuell noch etwas Gutes für bedrängte Menschen tun könne. Dies hat er auch getan, was auch dokumentiert ist.

Leider hatte er nicht mehr die Chance, seine Position in der Öffentlichkeit darzustellen, da er zu einer Zeit starb, in der es keine Diskussion über die Nazi-Zeit gab. Diese erwachte erst Mitte bis Ende der 60er Jahre.

In den Nachkriegsjahren entstand die Gruppe 47, in der Autoren wie Böll und Grass vertreten waren. Letztere wurden von den Hochschulen und der literarischen Öffentlichkeit in den 70er Jahren hofiert. Schriftsteller, die im Lande geblieben waren und sich mehr schlecht als recht durchgeschlagen haben, wurden gar nicht in dieser Gruppierung zugelassen. Im eigentlichen Sinne handelte es sich gar nicht um eine Gruppe, die sich gebildet hatte, sondern es handelt sich um eine mehr zufällige Ansammlung von Schriftstellern, die durch Hans Werner Richter zusammengerufen wurde. Diejenigen, die sich mehr dafür interessieren, können weiterlesen unter http://www.kultur-netz.de/archiv/literat/gruppe47.htm.
Seit Mitte der 80er Jahre musste man als Schriftsteller geradezu nachweisen, dass man sich distanziert hatte. Nur wie sollte das geschehen, wenn man schon Mitte der 50er Jahre (1956) verstarb?

Ich weiß jedenfalls wohl, dass keiner unserer Vorfahren begeisterter Nazi war. Vielleicht gab es zu Beginn der “Bewegung” Hoffnung, dass vieles anders würde - besser. Doch spätestens, als dann grölende Horden durch die Stadt zogen und sehr viele “dumme” Leute, wie man sich damals ausdrückte, in der NSDAP waren, wurde man sich darüber klar, dass dies ein Fehler gewesen war. Inzwischen war die Organisation aber so stark, dass man nicht mehr dagegen angehen konnte. Es blieb im Grunde genommen nicht mehr viel übrig, als sich irgendwie zu arrangieren. Das war nicht immer einfach, da man ja auch Dinge dulden musste, die einem ganz und gar nicht recht waren.
August Hinrichs selbst trat erst sehr spät in "die Partei" ein - man muss annehmen, dass er moralisch unter Druck gesetzt worden ist. Ansonsten ist die lange Abstinenz nicht zu erklären. Dazu muss man immer im Auge behalten, dass August Hinrichs seine Familie ernähren musste mit seiner Schriftstellerei, was nun nicht alles entschuldigen soll.

Beispiel Stedingsehre

Der Aufstand der Bauern von Stedingen zu Anfang des 13. Jahrhunderts und dessen Höhepunkt, die Schlacht bei Altenesch am 27. Mai 1234, bei der die Stedinger der Übermacht des Bremer Bischofs erlagen, ist ein Stoff, der schon viele Autoren veranlasst hat, etwas darüber zu schreiben. So empfand auch August Hinrichs diesen Freiheitskampf der unabhängigen Bauern gegen eine große Macht als sehr reizvoll. Immerhin handelte es sich um "das wohl bedeutendste(n) Ereignis(ses) der mittelalterlichen Geschichte Nordwestdeutschlands" ("Bauernaufstand der Stedinger als Stoff für Literaten", Werner Vahlenkamp 2001). Bereits im Jahre 1932 wurde ein Festausschuss gegründet, der die 700Jahr-Feier dieses bedeutenden Ereignisses vorbereiten sollte. Dieser wurde schließlich Anfang 1933 durch August Hinrichs verstärkt. "Danach sollte das inzwischen von Richard Schulz verfasste Festspiel "Stedingsehre" schon 1933 zur Aufführung kommen, für den eigentlichen Festakt im Mai 1934 sollte jedoch ein neues plattdeutsches Festspiel erscheinen. Von August Hinrichs als Verfasser war allerdings noch nicht die Rede." (s.o.)

 


Die “Tapferen”, die jetzt die Ehrenbürgerschaft von August Hinrichs anzweifeln, möchte man in einem totalitären System erleben und sehen, wie sie sich in einer solchen Situation verhalten hätten. Wahrscheinlich wären sie in die innere Emigration gegangen und hätten ihre Familien verhungern lassen!

Zum Schluss noch ein Zitat:
“Auch wenn einiges in den Werken von August Hinrichs an das vom Dritten Reich Propagierte erinnert: die deutschen Ideale, zumal in den für die Turner geschriebenen Texten, das Bild des kraftvollen Mannes und der starken Frau, das Prinzip der Hoferbenschaft, das Recht des Stärkeren, so weicht es in wesentlichen Momenten von nationalsozialistischen Auffassungen ab. Der Heimatbegriff ist in seinem Kern nicht völkisch, die Bodenständigkeit nicht Postulat, sondern Realität, das Hoferbe nicht Bauernideal, sondern Inbegriff der individuellen Lebensbasis. Grundsätzlich getrennt bleibt August Hinrichs von der Wir-Ideologie des Dritten Reichs. Seine Hauptfiguren sind nicht Helden eines großen Kollektivs, sondern suchen und finden ihre persönliche Existenz. Ihre den Lebenslauf bestimmende Bindung gilt keinem nationalen oder sozialen Inhalt, sondern einem ganz persönlich durch die Erfahrung geprägten. Ihre Tüchtigkeit erwächst aus ihnen selbst ohne den Gruppengedanken an eine Volksgemeinschaft.” (aus: Karl Veit Riedel: “August Hinrichs - Zum 100. Geburtstag 18. April 1979”; S. 42)

Weiteres ist nachzulesen unter

  • www.augusthinrichs.de
  • Karl Veit Riedel: “Niederdeutsches Theater in Oldenburg” Isensee Verlag Oldenburg 1996
  • Karl Veit Riedel: “August Hinrichs - Zum 100. Geburtstag 18. April 1979”, Isensee Verlag Oldenburg 1979
  • Wibke Bruns: “Meines Vaters Land”, Econ 2004

Die Familie spielt für den Dichter eine sehr große Rolle, wie für alle Hinrichs bis heute. Der Zusammenhalt der Familie wird z. B. daran deutlich, dass wir jedes Jahr eine Kohlfahrt machen und zu Himmelfahrt von Sandkrug nach Huntlosen wandern (zu Fuß, wie in alten Zeiten!).

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