Das eigene Geschäft
Im Jahre 1919 kaufte Emil Hinrichs die Essigfabrik "Schäfer&Addicks" in der Haarenstraße 60/61. Das Foto Emil Nr. 1 der "Erlaubnisschein für den Handel mit Futter- und Lebensmittel" aus dem Jahre 1919 zu sehen.
Am 1. Oktober 1919 kaufte Emil Hinrichs die Essigfabrik Schäfer&Addicks in der Haarenstraße 60/61.
Im Kaufvertrag heißt es:
"§1. Die Firma verkauft Herrn Hinrichs das Inventar ihrer Essigfabrik, bestehend aus 20 grossen Essigständern, zwei grossen und zwei kleinen Kupen, einem Denaturierungsbottich, vier ganzen und 20 halben Stückfässern, einem Essigkfilter, sowie au dem noch näher zu bestimmenden Versandfässern. Mit verkauft wird das der Firma eingeräumte Kontingent für Spritbezug, das zur zeit für den Monat ein halbes Stück beträgt, für dessen Höhe aber keine Gewähr übernommen wird."
Später - im Jahr 1926 kaufte Emil auch das Wohn- und Geschäftshaus der Firma Schäfer&Addicks, das zuvor nur gemietet war.
Das Fotos aus dem Jahr 1928 zeigt das Haus mit der großen Toreinfahrt, die zum Hof und zur Essigfabrik führte. Die drei Rundfenster und die Tür mit Rundbogen gehörten zu den Geschäftsräumen. Im ersten Stock befand sich über die gesamte Front oberhalb der Geschäftsräume die Privatwohnung.
Mitten auf der Straße schiebt ein Mädchen einen Puppenwagen - es gibt noch sehr wenig Autos! Das kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen. Im Vordergrund geht ein Soldaten und eine Frau auf dem "Trottoir". Französisch galt damals als vornehme Sprache.
An dieser Stelle möchte ich einmal auf die wunderschönen Seiten www.alt-oldenburg.de hinweisen, auf denen auch schöne Fotos des Hauses zusehen sind.
Lustig finde ich die Albumseite aus dem Jahr 1929, die den neuen Lieferwagen bildlich festhält.
Das Geschäft wurde 1938 an den Sohn Carl Hinrichs übergeben, da Emil an Krebs erkrankt war. Er verstarb 1944 nach qualvollem Leiden. Auf dem Foto sieht man Emil und Carl Hinrichs -inzwischen zum Mann geworden - im Verkaufsraum der Weinhandlung Hinrichs.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wohnten meine Oma Christine und meine Eltern Wally und Carl Hinrichs mit mir dort.
Das aus den 1950er Jahren zeigt, dass die Haarenstraße inzwischen zur Einbahnstraße geworden ist. Links neben unserem Haus befand sich die Fleischerei Bölts. Man sieht das Firmenschild hier noch sehr gut. Es gab sehr viele Einzelhandelsgeschäfte für den täglichen Bedarf in der Haarenstraße. In dem Haus, in dem heute die Firma Lückemann residiert, gab es ein Geschäft, in dem wir täglich unsere Milch und den Käse kauften. Etwas weiter hoch (in Richtung Julius-Mosen-Platz) gab es auf der linken Seite zwei Bäcker.
Mein Vater gab sich mit der Schaufenstergestaltung immer sehr viel Mühe. Zu Weihnachten wurde in den zwei Schaufenstern auf der linken Seite eine Eisenbahnanlage aufgebaut. Diese stand normalerweise oben auf dem Boden. Wenn mein Vater Zeit hatte - und das war meistens kurz bevor die Anlage ins Schaufenster wanderte - bastelte er an der Anlage herum. Meine Mutter züchtete ChowChows in Bümmerstede und stellte die Jungtiere manchmal für einige Stunden am Tag im Schaufenster aus.
Nach dem Krieg musste jede Familie, die ein Haus hatte, Flüchtlinge aufnehmen. Zu der Zeit waren die Zimmer oben und teilweise auch im 1. Stock von Flüchtlingen belegt. Wir hatten sehr viele Schauspieler und Opernsänger im Haus. Dafür wurde der 2. Stock unseres Hauses, in dem unsere Schlafzimmer lagen, geräumt - schweren Herzens. Foto Nr. bieten einen Blick in das Schlafzimmer meiner Eltern im 2. Stock, bevor es geräumt werden musste.
Damals war der Verkauf von Wein und Spirituosen auf spezielle Geschäfte beschränkt. In den 50er Jahren wurde diese Lizensierung aufgehoben - Weine und Spirituosen konnten in "jedem Milchladen" verkauft werden. Deshalb entschloss sich mein Vater im Jahre 1958, das Haus samt Grundstück an die Firma Kepa verkauft. Ich habe also nur acht Jahre hier gelebt.
Die Essigfabrik und Weinabfüllung
Auf dem hinteren Teil des Grundstücks befand sich die Essigfabrik, eine Weinabfüllung und Flaschenetikettierung.Es gibt einige Fotos, die zeigen, wie die Weinfässer mit Pferdewagen vom Bahnhof abgeholt werden. Auch ein Foto von der Abfüllanlage ist vorhanden.
Hier noch einige Fotos aus dieser Zeit - die beiden Beschäftigten sind die Gebrüder Onnen aus Edewechterdamm.